Zehn Lieblingsbücher

Es soll Menschen geben (einer von ihnen könnte womöglich ein Podcaster sein), die in fremden Wohnungen zuerst das Bücherregal inspizieren. Für diese Menschen – und alle anderen natürlich auch, selbst für die, die zuerst in anderer Leute Badezimmerschränkchen gucken, was man übrigens wirklich nicht macht, schämen Sie sich! – haben wir hier je zehn Lieblingsbücher gesammelt, in keiner besonderen Reihenfolge und ohne Anspruch auf Vollständigkeit.

Falko:

Douglas Adams: „Per Anhalter durch die Galaxis“
Ich habe aus Versehen zuerst den zweiten Band gelesen. Der fängt an mit: „Bisher passierte Folgendes: Am Anfang wurde das Universum erschaffen. Das machte viele Leute sehr wütend und wurde allenthalben als Schritt in die falsche Richtung angesehen.“ Adams und ich – das war Liebe auf den ersten Blick.

Stephen King: „Es“
Die Geschichte um den Club er Verlierer und Pennywise ist vielleicht der typischste King überhaupt. Ein dicker Schmöker mit zwei Zeitebenen, dem Grauen aus der Tiefe und aus der Seele. Auf alle Fälle sein Roman, den ich am meisten gelesen habe. Vermutlich bald wieder.

Ray Bradbury: „Das Böse kommt auf leisen Sohlen“
Bradbury ist ein Relikt im besten Sinne. Seine Welten sind altmodisch, sein Stil ist altmodisch, seine Themen sind altmodisch. Aber Bradbury ist immer unverkennbar. Das Golden Age der Science Fiction war nirgendwo goldener.

Philip K. Dick: „Ubik“
Nein, Dick ist niemals leichte Kost, und Spaß machen seine Bücher oft wirklich nicht. Aber neben „Die drei Stigmata des Palmer Eldritch“ ist „Ubik“ für mich sein packendstes und faszinierendstes Werk. Was nicht heißt, dass ich es verstanden hätte. Wahrscheinlich habe ich nicht genug Ubik unter die Achseln gesprüht.

Terry Pratchett: „Einfach göttlich“
Ein Gott, der sich nur als Schildkröte manifestieren kann, weil er nur einen einzigen Gläubigen hat. Es gibt so viele grandiose Scheibenwelt-Geschichten, aber diese hier steht bei mir ganz oben.

Clive Barker: „Die Bücher des Blutes“
Meine Güte, haben diese Kurzgeschichtensammlungen mich weggeblasen. Ich habe sie nur ein Mal gelesen, und das ist Jahrzehnte her, aber an manche Geschichten erinnere ich mich immer noch. Das spricht für sich.

Dan Simmons: „Hyperion“ / „Endymion“
Gut, das sind jetzt vier Bücher, aber sie erzählen eine Saga, die ihresgleichen sucht. Alleine der erste Hyperion-Band liefert ein Mosaik von Geschichten, die für sich faszinierende Romane abgegeben hätten.

Michael Moorcock: „Elric von Melniboné“
Dafür, dass ich selbst ab und an Fantasy schreibe, lese ich das Genre recht wenig. (Und wer sich wundert, warum Tolkien nicht in dieser Liste steht: tja.) Der Elric-Zyklus hat mich aber von der ersten Seite an gepackt und nicht mehr losgelassen.

Groucho Marx: „Groucho and me“
Ich bin kein großer Fan von Autobiografien, weil sie entweder beschönigen oder einfach langweilig sind, aber Groucho Marx versucht gar nicht erst, seine Bühnenpersönlichkeit vom Menschen zu trennen. War das überhaupt jemals möglich? Und warum sollte man es versuchen, wenn das Ergebnis so vergnüglich ist?

Bertolt Brecht: Kurzgeschichten.
Den muss ich jetzt noch erwähnen, sonst glaubt mir keine Sau, dass ich Germanistik studiert habe. Mit Brechts Theater konnte ich nie viel anfangen, aber seine Kurzgeschichten und nicht zuletzt die Keuner-Geschichten waren tatsächlich einer der wenigen Augenöffner im Studium.

Jochen:

Stephen Fry: „Der Sterne Tennisbälle“
Erstens ist Stephen Fry so großartig, dass ich sogar seine Wäscheliste lesen und mich wahrscheinlich königlich amüsieren würde, zweitens funktioniert diese Neuinterpretation des Grafen von Monte Christo nicht nur als Satire, sondern auch als spannende, zynische und einigermaßen grausame Rachegeschichte.

John Connolly: „Das Schwarze Herz“
Der erste Teil einer fantastischen Hardboiled-Reihe, die nach einigen Bänden langsam ins Übernatürliche driftet, ohne unglaubwürdig zu werden – oder schlechter. Selbst nach inzwischen 16 Romanen (oder sind es schon 17?) ist die Luft nicht raus. Das hat außer John Connolly noch niemand hinbekommen. Außerdem schreibt der Mann viel, viel besser und eleganter als es sich eigentlich für einen Krimiautoren gehört.

Stephen King: „Brennen muss Salem“
Wenn mir Falko schon „Es“ wegschnappt, muss es eben dieser Roman von King sein. Denn King muss auf die Liste. Zum einen, weil er ein begnadeter Geschichtenerzähler im altmodischen (und besten!) Sinne ist, zum anderen weil ihm gerade in seinen frühen Romanen laufend das Kunststück gelingt, eine eigentlich völlig absurde Ausgangssituation plausibel zu erzählen. Hier: Vampire übernehmen eine Kleinstadt in Neu England und keiner merkt’s.

Friedrich Dürrenmatt: „Besuch der alten Dame“
Ein fantastisches und auch in gedruckter Form ungemein spannendes Stück über Korruption, Korrumption und die erstaunliche Eigenschaft des Menschen, sich auch die größte Schuld noch irgendwie schön und anständig zu reden. Bonus-Lieblingsbuch vom selben Autor: „Der Richter und sein Henker“ – einer der am besten konstruierten Kriminalromane in der Geschichte der Kriminalromane.

Harlan Ellison: „Strange Wine“
Ich liebe die Kurzgeschichten von Harlan Ellison und in „Strange Wine“ ist die beste von allen: „From A to Z, in the Chocolate Alphabet“. Außerdem habe ich ein Faible für Vorworte und Einleitungen, und zu einer Einleitung namens „Introduction: Revealed at Last! What Killed the Dinosaurs! And You Don’t Look So Terrific Yourself“ kann ich einfach nicht nein sagen. No Sir.

Robin Hobb: „Der Weitseher“
Ich habe die Reihe auf Englisch gelesen, deshalb verliere ich an dieser Stelle auch kein Wort über die offenbar schrecklich dämliche Eindeutschung von Eigennamen (noch dazu im Titel!), sondern sage bloß, dass ich selten eine so emotionale Bindung zu einer Romanreihe und ihren handelnden Figuren hatte. Indes: Durch den ersten Band und Teile des zweiten muss man sich durchbeißen. Aber es lohnt sich. Oh, und wie sich das lohnt.

Scott Lynch: „Die Lügen des Locke Lamorra“
Stellen Sie sich Ocean’s Eleven als Fantasy vor. Und jetzt stellen Sie sich dazu noch einen besseren Plot, sympathischere Figuren, überraschendere Wendungen – kurz also einen so unerhört lesbaren und lesenswerten Roman vor, dass ich ihn seit Jahren ausnahmslos jedem empfehle und mir noch nie jemand sagte, er habe ihm oder ihr nicht gefallen.

Orson Scott Card: „Enders Spiel“
Wenn Sie noch nie einen Science-Fiction-Roman gelesen haben und danach auch nie wieder einen lesen wollen, dann lesen Sie zwischendurch den da. Und auch wenn Sie schon sehr viele Science-Fiction-Romane gelesen haben und gar nicht daran denken, damit aufzuhören, lesen Sie zwischendurch den da. Googlen Sie nicht. Studieren Sie keine Kritiken. Schauen Sie um Gottes willen nicht den Film. Lesen Sie einfach das Buch.

Robert Harris: „Der Ghostwriter“
Ich mag Spannungsromane, die gar nicht so tun, als wollten sie mehr sein als „bloß“ ein guter Spannungsroman. Denn das, Freunde und Nachbarn, ist verdammt nochmal gut genug. „Der Ghostwriter“ ist so ein Spannungsroman, auch wenn bei Erscheinen viel über die zeitgeschichtlichen Bezüge geschnattert wurde. Dabei erzählt Harris „bloß“ einen spannenden, gut geschriebenen und nahezu perfekt konstruierten Politthriller. Gut genug also.

Harper Lee: „Wer die Nachtigall stört“
Normalerweise mag ich entweder den Roman (meistens) oder die Verfilmung (selten). Aber bis auf wenige Ausnahme mag ich eigentlich nie beides. „Wer die Nachtigall stört“ ist so eine Ausnahme, eine mutige, eine warmherzige, eine bedrückende und eindrückliche Geschichte, die mir als Roman vielleicht noch ein ganz klein bisschen besser gefällt. Sorry, Gregory Peck. Dafür wischt deine Verfilmung von „Moby Dick“ mit der Vorlage (aka „3.769 Dinge, die Sie noch nie über den Walfang wissen wollten“) den Boden auf. Ist doch auch was.